Die drei Gesichter der Galerie Dada

oder Verwirklichung eines Gesamtkunstwerks

Die Galerie Dada bildete den letzten wichtigen Meilenstein von Dada Zürich, für den sich alle aus dem Cabaret Voltaire bekannten Akteure noch einmal vereinten. Sie befand sich in der Bahnhofstraße 19 in Zürich und wurde am 17. März 1917 eröffnet. Zuvor befand sich in den gleichen Räumen die Galerie Corray, in der die Dadaisten im Januar 1917 gemeinsam mit dem Besitzer Han Corray die 1. Dada Ausstellung veranstaltet hatten. Danach übernahmen Hugo Ball und Tristan Tzara die Leitung der Galerie, beides keine bildenden Künstler und beide nicht mit kuratorischer Arbeit vertraut. Diese Aufgabe wurde durch die Übernahme von Wanderausstellungen, wie z. B. der „Sturm-Ausstellung“ Herwarth Waldens, Anderen überlassen. Der Schwerpunkt lag zwar grundsätzlich auf der Förderung neuester Kunst, die heute als typisch dadaistisch angesehenen Collagen und Masken Hans Arps und Marcel Jancos spielten in der Galerie jedoch keine große Rolle. Ein gezielter Fokus auf einzelne Künstler wurde durch Vorträge gelegt, die einen weiteren Teil des Konzepts ausmachten. Hervorgehoben wurden dabei Paul Klee und Wassily Kandinsky, deren Kunst als revolutionär und wegweisend für die neue Zeit dargestellt wurde.

Anders als im Cabaret Voltaire lag das Augenmerk auf der bildenden Kunst. Diese wurde aber zusätzlich mit anderen Künsten verknüpft: neben Führungen und Vorträgen bildeten Soiréen einen festen Bestandteil des Konzepts, die in ihrem Programm ans Cabaret Voltaire erinnerten. Diese Abende unter standen einem festen Motto, demzufolge das Programm zusammengestellt wurde. Wegen der Verbindung von Musik, Kunst und Literatur sprach Ball in seiner autobiographischen Aufzeichnung „Die Flucht aus der Zeit“ von der Verwirklichung eines Gesamtkunstwerks. Die unterschiedlichen konzeptuellen Aspekte ergaben den Charakter der Galerie, den Ball folgendermaßen zusammenfasste: „Die Galerie hat drei Gesichter. Tagsüber ist sie eine Art Lehrkörper […]. Am Abend […] ein Klub der entlegensten Philosophen. An den Soiréen aber werden hier Feste gefeiert von einem Glanz und Taumel, wie Zürich sie bis dahin nicht gesehen hat.“ (Die Flucht aus der Zeit, 10. Mai 1917).
Bereits Ende Mai 1917 wurde der Betrieb der Galerie wieder eingestellt, was mit der mangelnden beruflichen Qualifikation der Akteure, dem fehlenden Inhalt der Galerie und dem damit verbundenen ausbleibenden dauerhaften Erfolg zu begründen ist. Ball und Tzara gingen daraufhin im Streit auseinander. Ball verließ Zürich und kehrte Dada den Rücken zu.

Verena Westenweller

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